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Älterer Mann mit grauem Polo-Shirt bedient mit den Fingern ein iPad
Geschätzte Lesedauer: 5 Minuten

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) tritt am 28. Juni 2025 in Kraft und markiert einen entscheidenden Wendepunkt für die digitale Landschaft in Deutschland und Europa. Es verpflichtet viele Unternehmen, ihre Websites, Apps und digitalen Angebote barrierefrei zu gestalten, sodass sie für Menschen mit Behinderungen, aber auch für ältere und eingeschränkt mobile Nutzer, vollumfänglich zugänglich sind. Trotz der Bedeutung dieses Gesetzes wird das Thema Barrierefreiheit in vielen Unternehmen noch immer vernachlässigt. Dabei stellt die Nichtbeachtung nicht nur eine Missachtung der Rechte von Millionen potenziellen Nutzern dar, sondern birgt auch erhebliche rechtliche und wirtschaftliche Risiken.

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In diesem Beitrag beleuchten wir, was das BFSG im Detail bedeutet, welche Anforderungen es an Unternehmen stellt und welche Konsequenzen die Missachtung der neuen Bestimmungen mit sich bringt. Außerdem zeigen wir auf, wie Unternehmen von barrierefreien Websites profitieren und warum der Übergang zu barrierefreien digitalen Angeboten letztlich auch wirtschaftlich sinnvoll ist.

Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) löst die bisher gültige Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) ab, die bereits seit 2002 in Kraft war. Während die BITV jedoch ausschließlich für öffentliche Einrichtungen und staatlich finanzierte Webseiten galt, wird der Geltungsbereich durch das BFSG erheblich erweitert. Nun müssen auch private Unternehmen, die Dienstleistungen oder Produkte über das Internet anbieten, ihre digitalen Angebote barrierefrei gestalten.

Das BFSG ist Teil des European Accessibility Act (EAA), einem europäischen Gesetzespaket, das darauf abzielt, einheitliche Barrierefreiheitsstandards in der gesamten EU zu schaffen. Dies bedeutet nicht nur, dass Menschen mit Behinderungen oder Einschränkungen besseren Zugang zu digitalen Angeboten erhalten sollen, sondern auch, dass die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit innerhalb Europas durch die Harmonisierung dieser Standards gestärkt werden soll.

Der European Accessibility Act legt den Fokus auf die Diskriminierungsfreiheit und die gleichberechtigte Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger. Laut dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales dient das Gesetz „der gleichberechtigten und diskriminierungsfreien Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und Einschränkungen sowie älteren Menschen am gesellschaftlichen Leben“. Gleichzeitig bietet es Unternehmen die Chance, ihre Produkte auf dem europäischen Markt besser zu positionieren, indem sie den neuen, einheitlichen Standards gerecht werden.

Wer ist vom BFSG betroffen?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz zielt auf Unternehmen ab, die Dienstleistungen und Produkte über das Internet anbieten. Dies schließt unter anderem E-Commerce-Anbieter, Onlineshops, Banken, Versicherungen, Transportdienstleister und viele weitere Akteure ein, die ihre Dienstleistungen digital bereitstellen.

Insbesondere fallen unter die Bestimmungen des BFSG:

  • Webseiten und Apps, die Geschäfts- und Verbraucherverträge ermöglichen
  • Hardware- und Softwaresysteme wie Zahlungsterminals, Bankautomaten oder Selbstbedienungsterminals an Bahnhöfen oder Flughäfen
  • Personenbeförderungsdienste und deren digitale Schnittstellen, wie etwa Ticketing-Systeme oder Informationsplattformen
  • E-Books und andere digitale Medien, die kommerziell vertrieben werden

Auch interaktive Funktionen wie Kontaktformulare, Terminbuchungsoptionen oder Kundenportale fallen unter die Bestimmungen des BFSG, sofern sie für geschäftliche oder dienstleistungsbezogene Zwecke genutzt werden.

Wer ist vom BFSG ausgenommen?

Allerdings gibt es auch Ausnahmen: Kleinunternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von weniger als 2 Millionen Euro sind von den Bestimmungen ausgenommen. Dies bedeutet, dass kleine Betriebe, die in diesem Rahmen agieren, nicht zwingend zur Umgestaltung ihrer digitalen Angebote verpflichtet sind. Dennoch empfiehlt es sich auch für kleinere Unternehmen, die Prinzipien der Barrierefreiheit zu beachten, da dies sowohl rechtliche Risiken minimiert als auch den Kundenkreis erweitert.

Welche Anforderungen stellt das BFSG an Websites?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz definiert strenge Anforderungen an die Gestaltung von Websites und Apps, die barrierefrei sein müssen. Doch was genau bedeutet Barrierefreiheit im Kontext des BFSG und welche Standards sind zu erfüllen?

Im Gesetzestext wird auf die europäischen Normen der EN 301 549 und die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1 verwiesen. Diese Richtlinien legen die allgemeinen Kriterien fest, die eine Website oder App erfüllen muss, um als barrierefrei zu gelten. Grundsätzlich lassen sich die Anforderungen in vier Hauptprinzipien unterteilen:

1.) Wahrnehmbarkeit Digitale Inhalte müssen so aufbereitet sein, dass sie von allen Nutzern wahrgenommen werden können, unabhängig von ihren individuellen Fähigkeiten. Dies bedeutet:

  • Textalternativen zu Bildern und Grafiken, die von Screenreadern vorgelesen werden können
  • Einfache und klare Layouts mit gut strukturierten Informationen
  • Inhalte, die sowohl visuell als auch auditiv verständlich sind

2.) Bedienbarkeit Alle interaktiven Elemente einer Website müssen für alle Nutzer gleichermaßen zugänglich und nutzbar sein. Das umfasst unter anderem:

  • Die Möglichkeit, durch die Seite allein mit der Tastatur zu navigieren
  • Eingabefelder, wie Formulare, die korrekt ausgezeichnet sind und sich ohne Maus nutzen lassen
  • Vermeidung von schnell blinkenden Inhalten, die das Risiko eines epileptischen Anfalls minimieren

3.) Verständlichkeit Inhalte sollen leicht zu lesen und zu verstehen sein. Hierbei geht es um:

  • Verständliche Texte und klare Sprachstrukturen
  • Kontraste zwischen Schrift und Hintergrund, die eine gute Lesbarkeit gewährleisten
  • Rückmeldungen bei Fehlern, z.B. durch deutlich sichtbare Fehlermeldungen und Korrekturvorschläge

4.) Robustheit Websites und Apps sollten so gestaltet sein, dass sie auch in Zukunft mit Hilfstechnologien wie Screenreadern oder anderen assistiven Technologien kompatibel sind.

Neben diesen technischen Anforderungen müssen betroffene Websites ab 2025 eine Erklärung zur Barrierefreiheit bereitstellen. Diese sollte leicht zugänglich, beispielsweise im Footer der Website, platziert sein. Eine solche Erklärung informiert Nutzer über den aktuellen Stand der Barrierefreiheit und gibt Auskunft darüber, welche Maßnahmen das Unternehmen ergriffen hat, um digitale Barrierefreiheit zu gewährleisten.

Welche Strafen drohen bei Missachtung des BFSG?

Unternehmen, die die Anforderungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes nicht erfüllen, müssen mit empfindlichen Strafen rechnen. Die Marktüberwachung der Bundesländer wird die Einhaltung der Vorschriften überprüfen. Wenn bei einer Prüfung festgestellt wird, dass eine Website oder App nicht den Anforderungen der Barrierefreiheit entspricht, erhält das betroffene Unternehmen eine Aufforderung zur Instandsetzung. Sollte die Website nach dieser Aufforderung weiterhin nicht den gesetzlichen Standards entsprechen, kann dies gravierende Konsequenzen haben:

  • Bußgelder von bis zu 100.000 Euro können verhängt werden
  • Im Extremfall kann die Abschaltung der Website oder App angeordnet werden

Zusätzlich zu den offiziellen Kontrollen der Behörden können auch Verbraucher und Nutzer Beschwerden einreichen. Ähnlich wie bei der DSGVO besteht die Möglichkeit, dass Mitbewerber diese Verstöße nutzen, um Abmahnungen oder Unterlassungsklagen zu erwirken.

Warum Barrierefreiheit bei Websites wichtig ist: Zahlen, Fakten und Beispiele

Die Wichtigkeit von Barrierefreiheit wird oft unterschätzt, obwohl die Zahlen für sich sprechen. Rund 10 % der Bevölkerung in Deutschland leben mit einer Behinderung, das entspricht fast 8 Millionen Menschen. Diese Menschen sind in vielen Fällen nicht in der Lage, die Mehrheit der Websites uneingeschränkt zu nutzen.

Eine Studie von WebAIM aus dem Jahr 2020 ergab, dass nur 2 % aller Websites tatsächlich barrierefrei sind. Dies betrifft nicht nur kleinere Webseiten, sondern auch viele der größten Online-Plattformen weltweit, wie Google, Facebook, Twitter, LinkedIn, Apple, Microsoft und WordPress.

Barrierefreiheit bedeutet jedoch nicht nur den Zugang für Menschen mit dauerhaften Behinderungen. Auch temporäre Einschränkungen, wie ein gebrochener Arm oder schlechte Lichtverhältnisse, können die Nutzung einer Website erschweren. Zudem spielt die demografische Entwicklung eine Rolle: Die größte Bevölkerungsgruppe in Deutschland besteht aus Menschen im Alter von 50 bis 75 Jahren. In dieser Altersgruppe nehmen Einschränkungen wie Sehschwächen oder verminderte Mobilität stark zu.

Barrierefreiheit als wirtschaftlicher Vorteil

Barrierefreiheit ist nicht nur aus ethischer Sicht notwendig, sondern bietet auch erhebliche wirtschaftliche Vorteile. Websites, die barrierefrei gestaltet sind, erzielen nachweislich bessere Google-Rankings. Suchmaschinen wie Google prüfen, ob alternative Texte für Bilder hinterlegt sind, die für Screenreader ausgelesen werden können. Websites, die diese und andere Kriterien erfüllen, werden in den Suchergebnissen höher eingestuft.

Darüber hinaus verbessert eine barrierefreie Website die Nutzererfahrung insgesamt. Eine klar strukturierte Seite, auf der sich Inhalte leicht finden und nutzen lassen, führt zu höheren Konversionsraten. Das bedeutet, dass barrierefreie Websites nicht nur mehr Besucher anziehen, sondern auch einen besseren Return on Investment (ROI) bieten.

Fazit: Frühzeitige Vorbereitung auf das BFSG ist entscheidend

Mit dem Inkrafttreten des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes ab 2025 stehen Unternehmen vor neuen Herausforderungen. Der Übergang zu einer vollständig barrierefreien Website ist jedoch nicht nur eine rechtliche Verpflichtung, sondern bietet zahlreiche Chancen. Unternehmen, die frühzeitig handeln, können Bußgelder und Abmahnungen vermeiden, ihre Nutzerbasis erweitern und sich einen Wettbewerbsvorteil sichern.

Es ist ratsam, jetzt mit der Planung zu beginnen und schrittweise die Anforderungen umzusetzen. Unsere WordPress-Experten bei MEWIGO stehen Ihnen dabei zur Seite, um sicherzustellen, dass Ihre Website und Ihre digitalen Angebote den neuen gesetzlichen Anforderungen entsprechen und gleichzeitig die Nutzererfahrung verbessern.

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